Wie viel Gemeinschaft verträgt ein Konto?

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© Unsplash/ Austin Kehmeier

Geld in der Beziehung: Spätestens wenn ein Paar zusammenzieht, ergibt sich die Frage, wie man die gemeinsamen Finanzen organisiert.

Es gibt zwar romantischere Themen für frisch Verliebte – aber nur wenig wichtigere: die finanzielle Transparenz. Denn spätestens, wenn man sich entscheidet zusammenzuziehen – und damit gemeinsame Kosten zu verantworten hat –, werden die Ein- und Ausgaben durchaus relevant. Üblicherweise werden in einem gemeinsamen Haushalt Fixkosten wie Miete, Versicherungen und Internet geteilt und ein bestimmtes Budget für variable Kosten wie zum Beispiel Lebensmittel oder Kinobesuche bestimmt.

Ein Gemeinschaftskonto kann dabei helfen, den Überblick über die anfallenden Kosten zu erleichtern. Aber was gilt es zu beachten, bevor man sein Vermögen in die Hände des Partners oder der Partnerin legt?

Gemeinsames Konto: Diese Möglichkeiten gibt es

Bei einem Gemeinschaftskonto gibt es grundsätzlich zwei Varianten: das Und-Konto sowie das Oder-Konto. Bei
Ersterem sind Auszahlungen und Buchungen nur möglich, wenn beide Kontoinhaber:innen jedes Mal zustimmen – für den Alltag also eher unbrauchbar, da damit auch Barbehebungen wegfallen.

Diese Variante wird bei Vereinen oder Erbgemeinschaften gern genutzt – gemeinsame Konten bestehen schließlich nicht nur zwischen Paaren. Gemeinsam.

Bei einem Oder-Konto hingegen können beide Inhaber:innen unabhängig voneinander über das Geld auf dem Konto verfügen und auch den verfügbaren Überziehungsrahmen ausreizen. Finanzpsychologin Birgit Bruckner empfiehlt, bei den gemeinsamen Konten erst gar keinen Rahmen einzuräumen. Damit erhalten die Paare sozusagen direkt mit Ende des Monats ein Feedback, ob die eigens aufgestellte Kalkulation ausreicht oder noch einmal nachgebessert werden muss.

finanzen konstant adaptieren

Für die Gespräche über die Nachbesserung ist es ratsam, sich einmal pro Quartal hinzusetzen und offen und transparent über die finanziellen Angelegenheiten zu sprechen. Solche Gespräche würden auch die Qualität der Beziehung stärken, sagt Bruckner.

Im Idealfall werden die Vereinbarungen schriftlich festgehalten – im Fall einer Trennung kann das durchaus nützlich sein, aber dazu später mehr. Egal, für welche Kontoart man sich entscheidet – so oder so haften bei beiden Varianten die Kontoinhaber:innen gegenüber der Bank solidarisch.

Das heißt: Wenn das Konto überzogen wird – egal ob gemeinschaftlich oder allein –, kann die Bank von beiden Kontoinhaber:innen die Rückzahlung verlangen. Das kann auch bedeuten, dass ein:e Kontoinhaber:in die Gesamtverbindlichkeiten zu tragen hat – falls der oder die andere etwa untergetaucht ist.

In der Praxis stelle das aber üblicherweise kein Problem dar, dafür seien die Beträge zu gering, sagt Martin Korntheuer, Finanzexperte der Arbeiterkammer Wien. Bei gemeinsamen Krediten führe das eher zu Problemen. Bevor man sich jedoch für ein gemeinsames Konto entscheidet, empfiehlt Korntheuer, eine gute Vertrauensbasis in der Partnerschaft mit offenen Gesprächen zu suchen.

Transparenz festigt Beziehungen

Laut einer Studie des Meinungsforschungsinstituts YouGov, ist für 85 Prozent Transparenz in einer Beziehung besonders wichtig – auch in Geldangelegenheiten. Und, je jünger die Befragten, desto offener sprechen sie über ihre finanzielle Situation. Um diese Transparenz herstellen zu können, ist eine Methode besonders beliebt: das Drei-Konten-Modell. Dabei behalten beide Partner:innen ein eigenes Konto, auf dem auch die Gehaltseingänge
verzeichnet werden.

Gleichzeitig führen sie aber auch als gleichberechtigte Inhaber:innen ein Gemeinschaftskonto. Auf
dieses wird dann ein monatlich fixer gemeinsam festgesetzter Betrag überwiesen. Verdient ein:e Partner:in mehr als der oder die andere, stellt sich die Frage: Beteiligen sich beide zu gleichen Teilen an den gemeinsamen Kosten oder anteilig am Einkommen?

Gemeinsames Konto: Wie teilt man auf?

Wie Paare eine gerechte Aufteilung der Einzahlung auf das Gemeinschaftskonto für sich definieren, bleibt eine
individuelle Frage. Die einen entscheiden sich dazu, monatlich den gleichen Betrag auf das Gemeinschaftskonto zu überweisen, unabhängig davon, wie viel sie verdienen.

Andere empfinden es als fairer, wenn beide prozentual einzahlen. So lässt sich ein Ungleichgewicht im Einkommen ausgleichen. Und beiden bleibt trotzdem noch ein Teil übrig, um beispielsweise selbstständig fürs Alter vorzusorgen oder Spontankäufe in die Tat umzusetzen.

Das Drei-Konten-Modell funktioniert übrigens auch umgekehrt: Das gesamte Einkommen wird auf das Gemeinschaftskonto überwiesen. Am Ende des Monats wird das übrige Geld durch zwei geteilt und zurück auf die persönlichen Einzelkonten überwiesen. Sinn ergibt ein Und-Konto übrigens beim gemeinsamen Sparen – so kann nicht eine Person allein das angesparte Geld ausgeben und für eine böse Überraschung sorgen. Gemeinsames Sparen kann durchaus Spaß machen, etwa für einen Urlaub oder eine gemeinsame Wohnung.

Absprachen festhalten

Ratsam ist es aber, in jedem Fall vor den Kontoeröffnungen über Erwartungen zu sprechen und – sollte ein:e Partner:in mehr Guthaben einzahlen – dies auch schriftlich festzuhalten. Das kann bei einer Trennung wichtig werden, denn nicht jede verläuft konfliktfrei. Geht die Partnerschaft in die Brüche, kann das vorhandene Guthaben auf beide Parteien aufgeteilt und das Konto gemeinsam gekündigt werden.

Bei einer unfreiwilligen Trennung, etwa wenn ein:e Partner:in stirbt, wird aus dem Gemeinschaftskonto nicht automatisch ein Einzelkonto. In der Regel gilt hier die gesetzliche Erbfolge – das kann Folgen haben. Denn an die Stelle der verstorbenen Person treten deren Erb:innen. Und damit steht diesen unter Umständen die Hälfte des Geldes auf dem Konto zu.

Dabei ist irrelevant, wer zu Lebzeiten mehr eingezahlt hat. Es ist also wichtig, die verschiedenen Eingänge auf dem Konto nachweisbar zu verwalten. Das kann sowohl im Trennungsfall als auch steuerlich relevant werden:
wenn das Finanzamt hohe Beträge als Schenkung interpretiert. Das ist ohne Schenkungssteuer kein Problem, innerfamiliär sind sie jedoch ab einem Betrag von 50.000 Euro meldepflichtig.

Gemeinsames Konto: Infos im Überblick

Gemeinschaftskonten sind nicht nur für Paare, Verheiratete oder Lebenspartner:innen eine Option. Auch Geschäftspartner:innen oder Erbengemeinschaften können dieses Modell nutzen. Aus Sicherheitsgründen sollte man dann ein Und-Konto eröffnen, damit nicht einer der Kontoinhaber:innen das gesamte Guthaben abräumen kann.

  • UND-KONTO: Beim Und-Konto können finanzielle Entscheidungen nur mit Einverständnis aller Kontoinhaber:innen getroffen werden. Alle Verfügungsberechtigten müssen gemeinsam entscheiden und sind somit stets über sämtliche Kontoaktivitäten informiert.
  • ODER-KONTO: Bei einem Oder-Konto können alle Kontoinhaber:innen unabhängig voneinander Zahlungen tätigen oder Geld vom Konto abheben.
  • SOLIDARISCHE HAFTUNG: Dabei müssen alle Beteiligten unabhängig von ihrer Schuld für die Verbindlichkeiten einstehen.

Text von Susanne Bickel, Finanzexpertin in Kooperation mit „Die Presse“. Mehr im Podcast unter:  diepresse.com/podcast

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