Lifestyle | 12.01.2022
Girls play S⚽️ccer
Das Burgenland hat sehr viel weibliches Potenzial am Fußballplatz, das nicht ungenutzt bleiben soll. Deshalb hat der Burgenländische Fußballverband einstimmig ein mehrjähriges Projekt beschlossen. Unter dem Motto „Real Girls Play Soccer“ soll der Mädchen- und Frauenfußball im Burgenland revolutioniert werden. Yvonne Lindner und Nina Potz sind die Projektleiterinnen – all ihre Ideen und Vorhaben sollen dazu führen, dass mehr Frauen und Mädchen im Fußballsport aktiv werden und die Außenwahrnehmung sich durch mediale Präsenz deutlich verbessert.
Nina Potz und Yvonne Lindner wollen Frauenfußball revolutionieren.
© Maria Hollunder
BURGENLÄNDERIN: Wenn Mädchen sich dafür interessieren, Fußball zu spielen, wie gehen sie es am besten an, wohin können sie sich wenden?
Nina Potz: Wenn das Interesse geweckt ist, ist der größte Schritt schon getan. Der einfachste Schritt wäre, Kontakt mit einem Verein aus der Umgebung aufzunehmen. Besonders im Nachwuchs spielen Mädchen und Burschen oft gemischt, und das ist mittlerweile zum Glück auch schon eine Selbstverständlichkeit geworden. Parallel dazu bieten auch einige Vereine eigene Mädchenteams an. Ab dem Alter von 14 Jahren beginnt der Einstieg in den Erwachsenenfußball, sprich in eines der fünf burgenländischen Frauenteams. Da viele Mädchen aber erst deutlich später zum Fußball kommen als die Jungs, ist der Quereinstieg für einige eine Herausforderung. Wir haben daher insgesamt fünf Stützpunkte installiert (Frauenkirchen, Eisenstadt, Draßburg, Deutschkreutz und Unterschützen), die eine Anlaufstelle für fußballspielende Mädchen egal welchen Leistungsniveaus sein sollen. Sie dienen dazu, in den Fußballsport reinschnuppern zu können. Eine lockere und angenehme Atmosphäre bei gleichzeitig hoher Trainingsqualität schafft eine langfristige Bindung der Mädchen an den Fußballsport.
Im Gegensatz zum Männerfußball nimmt der Damenfußball eine sehr untergeordnete Rolle in der Wahrnehmung der Bevölkerung ein – wie erklären Sie sich das und wie gehen Sie damit um?
Yvonne Lindner: Ich weiß nicht, warum das so ist. Diese Frage stellt sich jede Fußballerin. Allein die Bezeichnung „Damen-“ oder „Frauenfußball“ stellt für mich schon eine Diskriminierung dar. Die Sportart heißt Fußball! Man sagt auch nicht „Frauentennis“ oder „Frauenskifahren“. Dies ist ein weltweites Phänomen und zeigt, dass hier global noch sehr viel zu tun ist. Zuschauer haben schnellen, athletischen Fußball im Kopf – und hier liegt der große Unterschied. Frauen können meist nicht so schnell und athletisch sein wie Männer. Daher ist ihre Art, Fußball zu spielen, einfach langsamer. Und aufgrund dessen, dass es lange Zeit so war, dass Mädchen erst viel später (wenn überhaupt) mit dem Sport begonnen haben, fehlten ihnen einfach Trainingsjahre, was wiederum begründet, dass Herren technisch versierter waren. Aber das ändert sich stark. Mädchen spielen bereits ab dem Kindergarten oder der Volksschule beim Fußballtraining mit. Das Niveau wird daher immer besser. Ich versuche, die Menschen davon zu überzeugen, dass Frauen genauso Fußball spielen können wie Männer. Man braucht dafür zwei Beine und einen Ball – das haben Damen genauso! Diese Wahrnehmung zu ändern, ist ein zentraler Punkt unseres Projektes und mein persönliches Ziel.
Potz: Zusätzlich spielt noch eine historische Komponente mit. Der aktuelle heimische Frauenfußball ist noch sehr jung und musste trotzdem schon einige Hürden überwinden. In Österreich gründete sich im Jahr 1924 mit dem DFC Diana das erste Frauenfußballteam. Die Fußballerinnen hatten von Beginn an mit Vorurteilen und Gegenwehr zu kämpfen. Der ÖFB untersagte beispielsweise den Männerteams und Mitgliedsvereinen, ihre Plätze an Frauenmannschaften zu vermieten. Unter dem nationalsozialistischen Regime verschwand der Frauenfußball komplett aus der Öffentlichkeit und erst im Jahr 1982 übernahm schließlich der ÖFB die Leitung der Sparte Frauenfußball. Erst 1990 wurde eine Frauennationalmannschaft gegründet, die 1995 erstmalig an einem Bewerbsspiel teilnahm. 2017 gelang schließlich bei der UEFA Women’s EURO in den Niederlanden mit dem dritten Platz der bisher größte Erfolg.
Ich habe den Eindruck, dass es durch den Aufschwung und die guten Ergebnisse des Nationalteams besser wird. Es ist ein wunderbarer Sport, der allen offenstehen sollte.
Was lieben Sie am Fußballsport?
Lindner: Fußball macht extrem viel Spaß, weil diese Sportart viele Facetten bietet – auf physischer Ebene, aber auch gesellschaftlich. Körperlich gesehen eine ganzheitliche Sportart, bei der man schnell, ausdauernd, kräftig, aber auch technisch gut sein muss. Genauso aber muss man immer mitdenken, vorausdenken und kann kreativ sein. Oft lernt man Freunde fürs Leben kennen, erlebt wilde Auswärtsfahrten und Trainingslager, feiert gemeinsam Siege oder auch Niederlagen. Fußball begleitet mich seit meinem achten Lebensjahr. Ich habe durch diesen Sport sehr viel Schönes erlebt, das ich nie vergessen werde. Wenn ich daran denke, habe ich heute noch Gänsehaut.
Potz: Für mich ist es vor allem das Teamgefüge, das ich daran liebe. Jede muss sich auf die andere verlassen können. Hier kommen so viele unterschiedliche Charaktere zusammen, die gemeinsam durch Höhen und Tiefen gehen. Außerdem kann man immer und überall Fußball spielen. Ein Ball, irgendetwas, mit dem man zwei Tore markieren kann (Wasserflaschen, Schuhe …), eine Wiese und es kann losgehen. Ich liebe also auch die Einfachheit des Sports. www.realgirlsplaysoccer.at
Frauen im Fußball – Hard Facts
Im Burgenland gibt es aktuell fünf Kampfmannschaften:
- FC SKINY Südburgenland: Planet Pure Frauen Bundesliga und Future League, www.fcsuedburgenland.com
- SC Neusiedl am See 1919: 2. Frauen Bundesliga, www.scneusiedl.at
- GST Mönchhof: Wiener Landesliga, www.fc-moenchhof.at
- SC Bad Sauerbrunn: AK NÖ Gebietsliga, www.sc-badsauerbrunn.at
- SV St. Margarethen (Spielgemeinschaft mit Neusiedl am See 1B): AK NÖ Gebietsliga, www.sv-st.margarethen.org
Im Nachwuchs werden verschiedene Bewerbe ausgetragen, an denen folgende Mädchenteams teilnehmen:
- Bad Sauerbrunn: U12 Mitte
- Draßburg: U12 Mitte
- SPG ASV: U12 Mitte
- SPG Hügelland: U12 Mitte
- SPG Juniors: U12 Mitte
- SPG Klingenbach: U12 Mitte
- Sigleß: U12 Mitte
- SPG GSV Girls: U12 Süd, U10 Süd und U8 Süd
- SPG NAWU Punitz: U12 Süd und U10 Süd
- SPG NLZ Lafnitztal: U12 Süd
- SPG Rocky Girls Geschriebenstein: U12 Süd, U10 Süd und U8 Süd
- SPG Frauenfußballzentrum Stegersbach: U15 Süd (einziges Mädchenteam im Bewerb)