Für Elke Seer war das ver­gangene Jahr ein Aufwachen und Ausbrechen aus alten Mustern.

Eine herzbewegte Reise

Für Elke Seer war die Diagnose Brustkrebs ein Aufwachen und Ausbrechen aus alten Mustern.

5 Min.

© Birgit Machtinger

Zum Interview trafen wir uns an dem Tag, an dem sie vormittags ihre letzte Strahlentherapie hinter sich gebracht hatte. Die Begegnung mit Elke Seer bei ihr zu Hause in Großhöflein war von Beginn an von Positivität begleitet. Vor mir saß eine wunderschöne Frau mit leuchtenden Augen und einer selbstbewusst-angenehmen Ausstrahlung. Der Funke sprang sogleich über und unser Gespräch war wie eines zwischen zwei Menschen, die sich schon lange kennen, obwohl sie sich zum ersten Mal getroffen haben.

Schlechtes Qi

Sie war ein Workaholic, würden sicher viele über sie sagen. Für Elke bestand der Alltag aus arbeiten, sporteln und Familie. Ihre beiden Zwillingstöchter sind 21 und schon so selbstständig, dass die 45-Jährige viel Zeit für sich und ihre Arbeit hatte. Als Ausgleich zu ihrem Job als Bilanzbuchhalterin verbrachte sie ihre Freizeit gerne mit Krafttraining und Ausdauersport. „Nichts tun oder herumliegen gab es für mich nicht. Heute weiß ich, dass das sicher auch dazu beigetragen hat, dass der Krebs sich breitmachen konnte.“

Doch eine gesunde Ernährung war etwas, auf das Elke schon vor der Diagnose achtete. Seit Jahren trinkt sie keinen Alkohol, isst keinen Weizen, keine Milchprodukte und nur wenig Zucker. Im Oktober 2022 kam die Diagnose Brustkrebs. „Zuerst war es ein Schock, ich habe absolut nicht damit gerechnet. Alle waren fertig und natürlich habe ich auch geweint, aber ich dachte mir, okay, dann gehen wir das halt an.“

Bereits davor war sie in Behandlung bei einem TCM-Arzt, der ihr immer wieder sagte, ihr Qi (Anm.: die Kraft der Lebens­energie) sei schlecht. Ihr Mann René gab ebenfalls zu bedenken, dass das viele Arbeiten und Rund-um-die-Uhr-erreichbar-Sein auf Dauer nicht gesund sei. „Ich habe da

s alles ignoriert. Diese Diagnose war aber dann wie ein Warnschuss. Anders hätte ich es nicht verstanden und so weiter gemacht.“ Aufgrund der hohen Heilungschancen hat sich Elke dazu entschieden, bei der Behandlung den Weg der Allgemein­medizin zu gehen, unterstützt von vielen alternativen Therapien wie TCM, Ayurveda und Aromatherapie.

Diagnose Brustkrebs
© Viktor Fertsak

Es stört mich nicht, wenn mich Leute auf den Krebs ansprechen.

Elke Seer


Gearbeitet hat Elke zwischen den Chemos trotzdem, aber etwas weniger, auch machte sie Sport, aber moderater. „Es ging mir nie richtig schlecht. Ich habe mich sehr gesund ernährt und auf die Tipps meines TCM-Arztes gehört: unter anderem eiweißreiche Ernährung und spezielle Tees. Der richtige Weg für mich, um gut durch diese Krankheit zu kommen, war: vor allem gesunde, anti-­entzündliche Ernährung und Bewegung. Wenn ich in die Foren geschaut oder andere Betroffene kennengelernt habe, hatte ich fast ein schlechtes Gewissen, weil es vielen wirklich nicht gut ging zwischen den Chemos.“


Auch tägliche Affirmationen, Meditation und Yoga entdeckte Elke in dieser Zeit für sich. Und der Ausfall ihrer Haare, der Augenbrauen und Wimpern „war zwar unangenehm“, aber: „Ich habe mich nie hässlich gefühlt. Dazu beigetragen hat auch der Wohlfühltag bei feel again. Es hat mich auch nicht gestört, wenn ich von Leuten auf den Krebs angesprochen wurde. Die Perücke hab ich nicht oft getragen. Als die Haare begannen, wieder nachzuwachsen, waren sie komplett weiß, jetzt dunkeln sie langsam wieder nach.“

Ihre sportlichen Aktivitäten musste Elke während ihrer Chemotherapiezeit jedoch stark einschränken. Halbmarathon und auspowerndes Krafttraining im Fitnessstudio wurden durch Walken und leichte Kraftsportübungen ersetzt. Und nichts geht über das richtige Mindset: „Durch das Annehmen der Krankheit und meine positive Einstellung ist es mir gut gelungen, das alles zu schaffen. Wichtige Begleiter waren und sind meine Töchter Alexandra und Katharina sowie mein Mann René. Auch meine Familie und Freund*innen waren immer für mich da. Mein Chef hat mich ebenfalls stets unterstützt. Dieser liebevolle Zusammenhalt ist einfach großartig! Auch möchte ich sagen, dass die Krebshilfe Burgenland eine sehr große Unterstützung in allen möglichen Belangen ist.“

Nur diesen einen Körper

Die erste von acht Chemos bekam Elke am 17. November 2022, die letzte am 5. Mai dieses Jahres. Am 6. Juni fand die Operation statt und danach nahm sich Elke das erste Mal wirklich eine Auszeit und verbrachte einige Wochen in einer Reha-Klinik. „Vor dem Krebs bin ich täglich sehr früh aufgestanden und war fast den ganzen Tag im Büro. Auch danach konnte ich keine Ruhe geben, sondern hab immer etwas gemacht – Brotbacken, Kochen, Gartenarbeit, Putzen, Sport etc.

Ich habe eingesehen, dass das jetzt nicht mehr so geht. Auf dieses Level will ich nicht mehr zurück. Eines der Ziele bei der Reha war, auch mal Nein sagen zu können und mir mehr Auszeiten für mich selbst zu nehmen. Das gelingt mir nicht so einfach, aber ich bin schon entspannter als früher.“ Ausschlaggebend war auch die Aussage einer Ärztin, die Elke zum Nachdenken anregte: „Wir haben nur diesen einen Körper. Wir können nicht morgen aufwachen, in einen anderen Körper springen und mit diesem weitermachen.“

Kein Bier mehr

Nach den Behandlungen wurde Elke durch Medikation in den künstlichen Wechsel versetzt, damit ihr Körper nicht weiter bestimmte Hormone produziert. „Das ärgert mich wirklich, weil ich etwas nicht mehr darf: alkoholfreies Bier! Das hab ich immer gerne getrunken, soll ich aber jetzt aufgrund der Phyto­estrogene im Hopfen nicht mehr, weil diese dem Wechsel entgegenwirken“, lacht die 45-Jährige.

Und ihr Resümee ist eines, das vielen anderen Betroffenen vielleicht Mut macht: „Es war und ist eine herzbewegte Reise, die in jeder Phase etwas Schönes hatte und die ich nicht missen möchte, auch wenn Krankheit nichts Positives ist. Ich habe viele neue Leute kennengelernt, die mittlerweile zu Freundinnen wurden, und möchte anderen Betroffenen Mut machen. Ich habe meine Freundinnen und Familie viel mehr zu schätzen gelernt und verbringe jetzt wieder mehr Zeit mit ihnen.“

Diagnose Brustkrebs
© Viktor Fertsak

ELKE SEER

geb. am 07.05.1978, lebt in Großhöflein

Diagnose im Oktober 2022: invasives, lobuläres Mammakarzinom, HER2-positiv

Chemotherapie: von November 2022 bis Mai 2023

Operation: Juni 2023

Reha: Juli bis August 2023

Bestrahlungen: bis September 2023

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