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People | 08.03.2023

FrauenLebensFragen

Ich schwöre: Wir waren zuvor keine Freundinnen, trotzdem fühlte es sich auf Anhieb so an. Ein sehr offenes Gespräch mit Moderatorin, Podcasterin, Mama und Sängerin Elisabeth Gamauf-Leitner.

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"Was mich zu allem antreibt, ist die Liebe zu den Menschen und das Rampensau-Gen.", Elisabeth Gamauf -Leitner © Ramona Hackl

Sie sah es nicht kommen, insofern war es nicht ganz fair – und trotzdem war sie einverstanden: Anstatt, wie gewohnt, zum Einstieg eines Interviews gemütlich zu plaudern, stellte ich Elisabeth Gamauf-Leitner genau die Blitzfragen, mit denen sie und ihr „zweierkette“-Podcast-Partner Thomas Trukesitz die Gäste konfrontieren. „Ich bin …“, „Ich war …“, „Ich werde …“, „Ich will …“, „Ich glaube …“ – versuchen Sie gerne einmal, die Sätze zu vervollständigen! Klingt leichter, als es ist, richtig? „Puh, jetzt bin ich hellwach, eigentlich sind die Fragen die Hölle“, lachte Elisabeth Gamauf-Leitner anschließend.


BURGENLÄNDERIN: Sportjournalistin, Sängerin, Moderatorin – wo fangen wir an?

Elisabeth Gamauf-Leitner: Eine Freundin sagt dazu: Talentestau (lacht). Das ist, wenn man nicht genau weiß, was man eigentlich ist – mache ich alles und nix?


Dann setzen wir am Anfang an. Wie bist du aufgewachsen?

In Neustift bei Schlaining, in der Idylle. Wir waren immer draußen, ich hab’ mit den anderen Kindern im Dorf den Wald erobert. Eigentlich bin ich als Einzelkind aufgewachsen, mein Bruder und meine Schwester sind 19 bzw. 20 Jahre älter. Ich bin passiert. Die Mutti hat sich geniert dafür. Sie hat sich nicht einmal getraut, es ihrer Mutter zu sagen. Meine Schwester ist zu ihr gefahren und hat gesagt: „Oma, wir kriegen Nachwuchs.“ Daraufhin die Oma: „Ja, dann heiratest halt.“ Als sie erfahren hat, dass nicht die Enkelin, sondern die Tochter schwanger ist, hat sie gesagt: „Jessas, die steht mit einem Fuß im Grab.“ Sogar der Arzt hat gefunden, sie sollte das Kind nicht kriegen. Der Papa sah das anders: „Das Kind krieg ma.“ All das hörte eine schwangere 41-Jährige in den 70ern.


Und wie war das Kind dann?

Total fröhlich und lebenslustig, wie heute (lacht). Wir haben gekickt wie die Wilden. Meine Knie waren immer aufgeschlagen, wir mussten uns abends den Asphalt runterkletzeln, weil wir bloßfüßig herumgelaufen sind.
Die Mutti war Hausfrau. Ich hatte lang die romantische Erinnerung, wie toll das war, dass sie alles angebaut und Essiggurkerl, Würschtl, Speck, Sauerkraut selbst gemacht hat, aber es war schon auch aus der Not heraus. Der Papa hat im Antimon-Bergwerk gearbeitet. Das war Schwerstarbeit.


Nach der Matura bist du zum Studieren nach Graz. Wieso Jus?

Populargesang gab es damals noch nicht, klassischen Gesang wollte ich nicht machen. Dann gab es noch die großen Drei: Medizin und BWL gingen für mich nicht, ich dachte mir, Jus bietet eine große Bandbreite. Den ersten Studienabschnitt habe ich gemacht …


… wobei die Wochenenden schon der Bühne gehört haben?

Als ich bei unserem Maturaball gesungen habe, eine Whitney-Houston-­Nummer …


Wow, Respekt!

Ja, genau, think big! (lacht) Sie ist die Größte, unerreichbar. Jedenfalls hat mich die Band Kixx singen gehört und mich gefragt, ob ich einsteigen will.


Das heißt: Das ging parallel mit dem Studium los?

Genau, jedes Wochenende, oft bis vier Uhr morgens. Die Kixx waren in der Region ein Phänomen. Noch mehr Aufregung gab es bei den großen Konzerten vor Weihnachten oder bei Kixx Symphonics mit dem großen Orchester; da sind dann drei-, viertausend Leute gekommen.


Kamst du nicht ins Wanken, das doch mehr zu verfolgen?

Ich habe das schon ernst genommen, ich hatte auch Gesangsstunden. Aber dann kam die Anfrage: „Du bist nicht auf den Mund gefallen, willst Radio machen?“ (lacht) Wir haben für Antenne 4 junge Bands vorgestellt. Das hat mir gefallen und als das vorbei war, hab’ ich mich im Landesstudio beworben. Eine Woche später hat mein Praktikum angefangen. Ich habe beim ORF alle Ausbildungen gemacht, das war schon super. Angefangen habe ich beim Radio, dann war ich beim Fernsehen, das hat mir getaugt.


Was denn genau?

Ich mag Menschen sehr gerne. Ich mag es, auf sie zuzugehen. Ich weiß nicht, ob du das schreiben solltest, aber manchmal lächle ich fremde Leute einfach nur so an und finde es lustig, wie arg sie reagieren, weil sie das nicht mehr gewohnt sind. Oft kommt aber ein Lächeln zurück. Ich bin gerne für den ORF rausgefahren, hab’ den Menschen beim Krapfenbacken zugeschaut; für das Wetter haben wir alles Mögliche besucht und eine moderne Kochserie habe ich auch gemacht.


Wieso bist du dort weg?

Der Truke (Sportjournalist Thomas Trukesitz, Anm.) hat mich angerufen: Premiere suchte eine Frau für den Sport.


Du bist mit Fußball aufgewachsen. Hat dich das immer interessiert?

Ich bin mit dem Papa immer zu den Matches von meinem Bruder Harry gefahren (zuerst Austria, dann GAK, Anm.). Beim Heimfahren sind wir irgendwo stehen geblieben, haben uns im Fernsehen auch die Zusammenfassung angeschaut.


War es für dich da ein Thema, dass …

… ich Moderatorin werden möchte?


Ich wollte etwas anderes wissen, aber auch eine gute Frage.

Ich kann sie schnell beantworten: Nein. Man kann nicht Sportmoderatorin werden wollen, wenn es keine gibt. Der Traum kann nicht entstehen, wenn keine Vorbilder da sind.


Aber der Privatsender wollte explizit eine Frau?

Ja, die waren Vorreiter. Das Schwierige war für mich, dass ich gleichzeitig eine Chance bekommen hätte, „Burgenland heute“ zu moderieren. Bei Premiere sollte ich Live-Fernsehen machen, die Königsdisziplin, das hat mich sehr gereizt.

Elisabeth Gamauf-Leitner
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Grosse Liebe.

Elisabeth Gamauf-Leitner mit Whiskey in der Wohnung der Familie in Oberwart.

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Grosse Liebe.

Elisabeth Gamauf-Leitner mit Whiskey in der Wohnung der Familie in Oberwart.

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Lebensfragen.

Reflektieren, diskutieren und lachen mit Elisabeth bei Sprudel und Guglhupf

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Du stampfst live, situationsbezogen aufs Match deine Fragen aus dem Boden. Richtig?

Genau. Noch dazu interviewst du Leute, die in einem emotionalen Ausnahmezustand sind. Im Studio kann es sein, dass du eine Konferenz mit vier Spielen und einem Live-Spiel im Anschluss moderierst; da bist du sechs Stunden live.


Wie war der Start?

Ich wurde zur Probe ins Studio geholt, man hat mir ein Horcherl ins Ohr gegeben (für Regieanweisungen, Anm.) und einen Experten für ein Interview zur Seite gestellt. Es hieß, ich soll die ersten zwei Punkte vom Ablauf machen. Dann haben sie mir was von einem Skandal aufs Ohr gesagt. Ich hab’ nicht aufgehört zu reden; ich hab’ funktioniert (lacht).


… und du hattest den Job. Es ging stetig bergauf, du bist für die Matches viel gereist. Diese Live-Sache liegt dir offenbar, wie gelingt dir das?

Wenn das rote Lamperl leuchtet, bin ich hundertprozentig konzentriert und fokussiert. Blackouts kenne ich nicht, Fehler passieren natürlich. Ich bin eine arge Perfektionistin, die abzuhaken, fällt mir schwer.


Wieso ist das so?

(Atmet tief durch) Ich bin damit aufgewachsen, dass es immer wichtig war, dass alles passt, damit die Leute ja nichts Schlechtes sagen. Vielleicht ist es das. Ich habe daran auch schon in einer Gesprächstherapie gearbeitet. Ich stehe voll dazu. So wie wir leben, dass wir uns zum Glück keine Sorgen machen müssen, ob wir morgen was zu essen haben, sehe ich es als meine Verpflichtung, es mir anzuschauen, warum ich wie funktioniere: um den Rucksack, den ich meinen Kindern weitergebe, ein bisserl leichter zu machen.


Wie hat dich das Muttersein verändert?

Komplett (lacht). Ich wollte lang nicht Mutter werden, weil ich das Gefühl hatte, ich bin noch nicht fertig mit mir selber. Ich wollte nicht meinen Kindern irgendwann das Gefühl geben, wenn ich euch nicht gekriegt hätte, wer weiß, was noch alles drinnen gewesen wäre. Aber es kam der Punkt, an dem mir das wurscht war, da war ich 39. Dass es geklappt hat, zwei Mal, dafür bin ich sehr dankbar. Ich war bei beiden jeweils zwei Jahre daheim. Und so gerne ich das gemacht habe, hätte ich es davor nicht für möglich gehalten, wie sehr ich als emanzipierte Frau ins alte Rollenbild gefallen bin.

 

In meiner Traumwelt reduzieren beide Elternteile und machen in allem halbe-halbe. Dafür muss natürlich auch die ganze Gesellschaft so gestrickt sein.

Guten Morgen! (lacht) Da hört die Frau dann: Die Mutter ist wichtiger am Anfang. Was mir zu schaffen macht, ist der Mental Load: Kindergeburtstage, Waldtage, Turnsackerl und Co. im Kopf zu haben. Der Druck ist enorm, weil du als Frau heute überall perfekt sein sollst: als Mutter, Ehefrau, im Job.


Du bist nach jeder Karenz zum Sender zurück. 2020 hast du einen anderen Weg eingeschlagen. Warum?

Ich bekam eine tolle Aufstiegschance: die Moderation der Championsleague, quasi der Olymp. Ich habe zugesagt, begann Babysitter und Co. zu organisieren; mein Mann und die Familie sind hinter mir gestanden. Doch je näher der Starttermin rückte, desto mehr habe ich gesehen: Ich schaff’ das nicht. Leni war vorm Schuleintritt, Max sollte mit dem Kindergarten anfangen. Mein Mann hat auch einen echt fordernden Job und ich sollte immer wieder ins Studio nach München. Wir hätten kaum Zeit zu viert gehabt, auch wir als Paar nicht. Der Preis war mir zu hoch, ich habe abgesagt.


… und nach 14 Jahren bei Sky aufgehört. Wie geht’s dir damit, wie läuft es heute?

Zu dem Zeitpunkt war es die richtige Entscheidung, ich bereue es nicht. Ich habe mich selbstständig gemacht, begonnen wieder mehr Veranstaltungen zu moderieren. Ich mag das sehr und nach Corona gibt es endlich wieder viele Events. Es läuft auch mit dem Sport-Podcast super, aber das ist vorerst ein Hobby. Mein Bruder war für mich immer mein musikalisches Vorbild, wir probieren jetzt wieder gemeinsam ein paar Sachen aus, mal schauen, wohin die Reise geht.


Wohin soll sie gehen?

Es soll vielfältig bleiben. Jetzt, wo die Kinder größer sind, reizt mich auch das Fernsehen wieder. Ich glaube, was mich antreibt, ist diese Liebe zu den Menschen – und dieses Rampensau-Gen, das ich offenbar in mir drinnen hab’.


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© Ramona Hackl

Zur Person

Elisabeth Gamauf-Leitner wuchs in Neustift bei Schlaining als jüngstes von drei Kindern auf. Mit Mitte 20 begann sie im ORF Landesstudio für Radio und Fernsehen zu arbeiten; 2007 wechselte sie zu Premiere, später Sky, als Sportjournalistin bzw. Moderatorin. Sie verließ nach 14 Jahren den Privatsender und machte sich selbstständig: als Moderatorin, Sprecherin und Sängerin; mit Thomas Trukesitz betreibt sie den Sport-Podcast „zweierkette“. Sie ist mit Andreas Leitner verheiratet; die beiden sind Eltern von Leni (7) und Max (3). Die Familie lebt in Oberwart.

www.elisabeth-gamauf.at


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© Ramona Hackl

Word-Rap

Ich bin … Elisabeth Gamauf-Leitner.

Ich war … immer eine ziemlich lebenslustige Person und bin’s noch immer.

Ich werde … hoffentlich weiterhin so bleiben und viel Spaß im Leben haben.

Ich will … für meine Familie weiterhin ein glückliches Leben und dass alle Freude daran haben, was sie tun.

Ich glaube … dass das damit verbunden ist, dass man hart daran arbeitet, dass das nicht von allein kommt, dass die Familie funktioniert und man glücklich ist.