Alles außer NORMAL

In den letzten Jahren ist sie aus dem heimischen Musik-­Business nicht mehr wegzudenken. Wir sprachen mit Uli Mayer alias Die Mayerin über ihr neues Album, den Bewertungswahnsinn und wie sie sich selbst neu erfunden hat.

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Uli Mayer alias Die Mayerin © Julia Spicker

Es war wie ein Wiedersehen unter alten Bekannten. Sechs Jahre ist unser letztes Interview her, damals stand Die Mayerin ganz am Anfang ihrer Solokarriere – seither hat sich viel getan. Und doch war es, als hätten wir uns gestern erst gesehen. Nachdem wir uns persönlich auf den letzten Stand gebracht hatten, ging es ans Eingemachte. Das Treffen im Roots in Eisenstadt bot die perfekte Atmosphäre dazu.

Du lässt dich nicht gern in eine Schublade stecken. Ist das im Musikbusiness nicht schwierig, wo es um Genres und Kategorien geht bei jedem Wettbewerb und jeder Verleihung?

Ich finde, Schubladen nehmen einem die Möglichkeit der Entwicklung. Es gibt Acts, die machen immer das Gleiche – und das kann auch funktionieren. Aber ich denke immer genreübergreifend, nicht in Grenzen. Aber wenn du es benennen willst: Ich sehe mich im Pop, nenn es neuer Austropop oder Dialektpop, wie auch immer. Ich will diese Begriffe nicht zu sehr überstrapazieren. Ich habe mich im Laufe meiner drei Alben stark entwickelt. Das neue Album ist ganz anders als die beiden vorhergehenden.

Für dein neues Album hast du dir einen bekannten Vollprofi an die Seite geholt. Wie kam es dazu?

Ich habe den Produzenten und Sänger der Söhne Mannheims Michael Klimas backstage bei einer ORF-Produktion kennengelernt und wir haben uns auf Anhieb gut verstanden. Für mich war sofort klar, dass er mein nächstes Album produzieren muss. Ich hatte keine Ahnung, wie es werden wird. Es war das bisher Größte und Tiefgründigste, das ich je gemacht habe. Es wurde alles zugelassen, jede Emotion, jede Form von Musik. Ich war es gewohnt, Radio-Hooks zu schreiben, doch Michi hat mir auch meine anderen Facetten vor Augen geführt, die ich mir bisher nicht zu zeigen traute. Dieser Prozess war wunderschön.

© Julia Spicker

Ich definiere mich neu, weil ich mich nicht selber langweilen will.

Uli Mayer alias Die Mayerin

Dein Stil hat sich auch äußerlich sehr verändert. Nicht mehr ganz so brav und angepasst …

Ich traue mich jetzt einfach, auch andere Seiten zu zeigen. Ich kann auch ernst schauen und es gibt Themen, die man nicht einfach weglächeln kann. Und dennoch liebe ich das Leben – ich steh echt voll drauf! (lacht) Nur pfeif ich mir jetzt nix mehr, ich mach es so, wie ich es spüre und fühle. Das löst pure Freude in mir aus. Alles zuzulassen und nicht alles glattzubügeln. Ich liebe es zu zeigen, dass nicht immer alles glatt läuft im Leben, und ich steh auch nicht auf Bügeln (lacht). Ob mein neuer Look jemandem gefällt oder nicht, ist mir egal. Wenn es mir das nicht wäre, wäre ich immer abhängig vom Feedback der anderen. Gerade als Frau, die von außen dauernd definiert wird. Was gibt sie von sich, wie schaut sie aus? Frauen werden ständig bewertet, sowohl von Männern als auch von anderen Frauen. Ich versuche, da drüberzustehen, indem ich bei mir selbst nachfühle, ob das für mich passt. Vielleicht habe ich auch Lust zu provozieren, aus meinem eigenen Schatten herauszutreten. Das polarisiert dann notgedrungen, sonst wäre es ja langweilig. Ich definiere mich neu, weil ich mich nicht selber langweilen will.

Das Wort „normal“ ist für dich grauenvoll, was ich gut verstehen kann. Was ist „normal“ für dich?

Für mich ist normal das Gegenteil von authentisch. Dieses Regelkonforme, immer der Norm nach … Ich mag es manchmal auch, Trends zu verfolgen, bei Styling und Mode – aber immer im Abgleich mit meiner Authentizität. Krampfhaftes Envogue-Sein, nur um en vogue zu sein, davon halte ich gar nichts. Normal ist langweilig und farblos. Deswegen bin ich auch so gern mit anderen Künstler*innen zusammen, weil die alle so einen bestimmten coolen Klescher haben. Es ist großartig, wenn Menschen nicht normal sind.

Dein neues Album heißt „Liebe“ – das klingt sehr träumerisch. Was bedeutet es für dich?

Mit dem Albumtitel ist nicht die romantische Liebe gemeint. Für mich ist Liebe die Essenz von mir, von allem. Es ist der höchste Wert im Leben. Nicht das Verliebtsein. Sondern Liebe in ihrer absoluten Tiefgründigkeit. Liebe kann unfassbar wehtun (z. B. Song: Haus am Meer) und aber auch die größten Glücksgefühle auslösen (z. B. Song: Die Ersten). Ich denke, Liebe kann die Antwort auf jede Frage/jedes Problem des Lebens sein. Du kannst dich immer fragen, was würde die Liebe tun – dann handelst du meist so, dass es menschlich vertretbar ist. Du kannst dich natürlich auch fragen, was die Angst tun würde, die macht zu, macht eng. Aber mache ich mein Herz auf, ist nichts mehr ein Problem, sondern wird zu einer Herausforderung, die ich stemmen kann. Bei der Albumproduktion war ich komplett losgelöst vom Ergebnis, weil ich total in der Liebe war.

© Julia Spicker

Wenn du tust, was du liebst, gibt es kein Scheitern.

Uli Mayer alias Die Mayerin

Was sind neben Liebe die Werte, die du deinen Töchtern (9 und 10) mitgeben willst?

Freiheit, weil innere Freiheit und äußere Freiheit essenziell sind, um das eigene Potenzial zu leben. Mut, auch mal ins kalte Wasser zu springen und immer wieder die eigene Komfortzone zu verlassen. Abenteuerlust, nur so ist Weiterentwicklung möglich. Und wenn du tust, was du liebst, gibt es den Begriff Scheitern nicht, weil das Tun an sich schon der Gewinn ist.

In Zukunft hast du mit deinem eigenen Musiklabel einiges vor. Du willst auch andere Künstlerinnen unterstützen. Welchen Rat kannst du jungen Talenten geben?

Ganz klar: Talent alleine reicht nicht. Du brauchst ganz viel Durchhaltevermögen, Herzblut, Bereitschaft zu investieren, sowohl Energie und Kraft als auch Geld. Und du brauchst eine ganz klare Vision. Wenn du nicht weißt, wer du als Künstlerin bist und wo du hinwillst, wird es sehr schwierig. Einfach nur gut zu singen reicht nicht. Du brauchst einen langen Atem.
Mit meinem Label SON Music möchte ich mein Wissen und meine Expertise im Musikbusiness weitergeben und auch andere Acts aufbauen, sowohl Newcomer als auch Leute, die sich z. B. solo neu definieren wollen. Die Mayerin geht natürlich auch fix weiter. Das vierte Album steht schon in den Startlöchern. Ohne Songwriting kann ich einfach nicht.

Termine und das neue Album unter
www.diemayerin.com

Chefredakteurin Nicole Schlaffer traf die Mayerin zum persönlichen Talk in Eisenstadt. © Selfie

Word-Rap

Ich mag an mir, dass …
… ich meinen intuitiven Weg gehe und mich nicht davon abbringen lasse.

Wenn ich im Hotel einchecke, schreib ich ins Feld „Beruf“ …
… Singer-Songwriterin.

Auf meinem Nachttisch liegt/steht …
… ein kleines Flascherl Lavendelöl und ein Fotoalbum von meiner Amadeus-Party.

Ich bin total untalentiert, wenn es darum geht:
Ordnung halten.

Der Sinn des Lebens ist …
… zu erkennen, dass Liebe die Antwort auf alles ist.

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