Donna, Dynamos Dancing Queen

Der Schilfgürtel tanzt ab dem 13. Juli: Wir trafen die drei Stars von „Mamma Mia!“ zum Plaudern über ABBA, Mutter-Kind-Beziehungen und quakende Frösche.

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Mamma Mia Bettina Mönch Milica Jovanović Ines Hengl-Pirker © Marco Sommer

Da bekommt der Begriff Vorschusslorbeeren einen neuen Twist: Noch ehe es so richtig mit den Proben für das Musical „Mamma Mia!“ losgeht, sind nahezu alle Vorstellungen der Seefestspiele Mörbisch ausverkauft, Zusatztermine inklusive. „Das ist unglaublich und freut uns total“, sagt Milica Jovanović. „Ich hoffe, dass ich überhaupt noch ein paar Verwandte in die Vorstellungen reinkriege“, lacht Bettina Mönch. Und Ines Hengl-­Pirker ergänzt: „Wir wissen also jetzt schon fix, dass das Publikum vollzählig ist. Das ist toll für das Stück – und jetzt müssen wir noch unsere Leistung bringen. Für die Stimmung ist jedenfalls bereits gesorgt.“
Fast 30 Mal werden die drei Künstlerinnen Rosie, Donna und Tanja verkörpern und legendäre ABBA-Ohrwürmer auf die Seebühne schmettern. Regisseur Andreas Gergen schickte voraus: „Mamma Mia wird ein großes buntes Party-­Spektakel, das den Alltag für ein paar Stunden vergessen lässt.“


ABBA ist – unabhängig von der Generation – nahezu allgegenwärtig. Irgendwie scheint jede*r eine persönliche ABBA-Geschichte zu haben. Habt ihr das auch?

Milica Jovanović: Ich bin mit ABBA und Boney M groß geworden, meine Eltern haben das sehr viel gehört. Jetzt passen sie oft auf unser Kind auf und unsere Zweijährige kann mittlerweile „Dancing Queen“ mitsingen (lacht). Das führte sogar dazu, dass unser Haushalt letztes Jahr laut einer Spotify-Statistik zu den größten ABBA-Fans Deutschlands gehörte (die Künstlerin kommt aus Deutschland, Anm.).

Bettina Mönch: Meine Teenager-­Zeit war ja mehr von Rock geprägt, ich habe in einer Rock- und in einer Metal-­Band gesungen und auch meine Musical-­Erweckung fand mit „Jesus Christ Superstar“ statt, einem Rockmusical. ABBA gehörte eigentlich gar nicht zu meinem Leben und trotzdem kenne ich gefühlt jeden Song. Das zeugt noch mehr von der Qualität dieser Musik.

Ines Hengl-Pirker: Die Musik hat etwas Magisches. Ich habe zu Hause ABBA-­Songs gesungen, mein Sohn hat sie gleich mitgeträllert und dann haben es die Nachbarskinder übernommen – im Kindergartenalter (lacht). Nun kommen sie alle tatsächlich zu „Mamma Mia!“.

Im Mittelpunkt der Story stehen drei spannende Frauencharaktere. Wer sind eure Figuren?

Ines: Ich spiele Tanja, eine Frau, die Männer verschlingt, aber auch nur Milliardäre. Sie ist zwar eine Powerfrau, aber sie hat Angst, sich einzulassen und Nähe zuzulassen. Sie ist sehr bedacht auf ihr Äußeres; das ist ein ganz aktuelles Thema. Bei uns ist es vielleicht noch nicht so weit, dass Teenager zum Geburtstag Nasen-OPs von den Eltern geschenkt bekommen, aber eine Tendenz in diese Richtung gibt es leider. Andererseits: Egal wie selbstbewusst man ist, das Äußere wird einem nie egal sein. Wir Darstellerinnen arbeiten ja auch mit unserem Look, also mit dem Paket, das wir sind: Ich passe auf bestimmte Rollen, das süße Mädchen bin ich beispielsweise nicht, aber eben Tanja. Die hat dafür viel Humor, und das verbindet uns.

Bettina: Meine Donna ist eine alleinerziehende Mutter, die sich auf einer griechischen Insel allein eine Existenz aufgebaut hat und dort mit ihrer Tochter ein Lokal schmeißt. Ich bin auch als Einzelkind mit einer alleinerziehenden Mutter aufgewachsen, die alles selbst gemacht hat. Die Konstellation, diese fast symbiotische Nähe, in der man lebt, kann ich also gut nachvollziehen. Auch meine Mama kann alles: bohren, Wandregale aufhängen, Möbel zusammenbauen, Lampen anschließen. Nur leider habe ich dieses Gen nicht vererbt bekommen (lacht). Also rufe ich sie an, wenn ich eine neue Lampe habe – zumindest für ein Ferntutorial.

Milica: Ich glaube, dass diese Mutter-Kind-Beziehung ein Grund für den großen Erfolg des Stückes ist. Fast alle Menschen haben eine Mutter, aber Geschichten in Musicals gibt es nicht oft darüber. Ich selbst spiele Rosie. Sie war wie Donna und Tanja auch ein Ex-Dynamo (so hieß die Band der drei im Stück, Anm.) und ist eine belesene, kluge Promiköchin; sie ist bekannt für ihre feministischen Kochbücher. Rosie ist eine einsame Wölfin, sie mag es aber gerne allein; sie will keine Kinder und keinen Mann. Zum Schluss verliebt sie sich doch in Bill, aber vielleicht nur weil sie ein bisschen Spaß möchte. Ich mag ihren trockenen Humor und dass sie so loyal zu ihren Freundinnen ist. Und: Sie ist ziemlich tollpatschig und das bin ich auch (lacht).

Orientiert ihr euch auch am Film oder vorwiegend an der Musik und Catherine Johnsons Buch?

Bettina: Sehr viele Leute fragen mich tatsächlich: „Ah, du spielst also die Rolle von Meryl Streep?“ Aber ich habe den Film noch nicht einmal gesehen. Dafür das Musical weit früher und sicher drei Mal. Ich orientiere mich grundsätzlich immer am Buch. Das und die Songs sind das einzige Beständige; alles andere kann ja in jeder Inszenierung neu entschieden werden. Dafür bin ich auch total offen.

Ines: Ich habe die Bühnenfassung auch mehrmals gesehen, den Film nur einmal. Tatsächlich möchte ich mich vor Probenbeginn gar nicht mit irgendeiner Fassung beschäftigen, sondern viel lieber unvoreingenommen bleiben.

Eine Anmerkung noch zum Film: Ihr seid sicher mehr als 10 Jahre jünger als die Schauspielerinnen.

Ines: Im Textbuch sind die „Dynamos“ um die 40, früher ist man auch jünger Mutter geworden. Ich finde beide Versionen stimmig, alles ist ja möglich.

Was steckt in „Mamma Mia!“? Worum geht es?

Ines: Die Themen sind vielschichtig. Es geht stark um Identitätssuche und um das Zulassenkönnen von Gefühlen. Sophie erkennt, dass sie den Mut aufbringen muss, sich zu fragen, warum sie überhaupt heiraten will – und auch Donna, Tanja und Rosie müssen sich der Frage stellen: Was suche ich, was sucht mein Herz?

Bettina: Es ist eben nicht nur eine happy-peppy Show, sondern ein super geschriebenes Stück mit großartiger Musik. Man kann sich amüsieren, herzlich lachen und es geht einem auch nahe, weil es ganz menschliche Themen behandelt. Die Charaktere sind echt, sie sind nicht nur Vehikel, um Songs zu transportieren. Ihre Geschichten aber sind menschlich, sie haben Sorgen und innere Kämpfe, die jeder nachvollziehen kann. Man kann auch emotional einsteigen.

Vorfreude auf Mörbisch. Mit Generalintendant Alfons Haider © Marco Sommer
Wie geht es euch damit, beinahe den ganzen Sommer über zu arbeiten, während andere urlauben?

Bettina: Mein Mann sagt immer: In diesem Job zu arbeiten, ist wie in einen Orden einzutreten (lacht). Man gewöhnt sich daran, sehr antizyklisch zur Gesellschaft zu leben, die nicht am Theater arbeitet; unser Job orientiert sich immer an der Freizeit der anderen. In Mörbisch aufzutreten, ist für mich ein besonderer Bonus, weil ich so gerne am Neusiedler See bin. Für mich ist das heuer also eine ganz tolle Verbindung aus Urlaub und Arbeit.

Milica: Diese Produktion ist ein Geschenk, ich denke gar nicht darüber nach, wann sie ist; Urlaub kann ich wann anders machen. Ich mag es, draußen zu spielen. Es ist ein großes Gefühl von Freiheit, auf einer Open-Air-Bühne zu stehen, ich freue mich sehr darauf.

Mehr als 6.000 Menschen sitzen im Publikum. Wie geht es euch mit dem Gedanken?

Bettina: Das ist definitiv die größte Bühne mit dem größten Publikum, vor dem ich bis jetzt gespielt habe. Die Zahl ist noch ein bisschen abstrakt, ich kann es mir noch gar nicht vorstellen (lacht).

Ines: Mir wird das enorm gefallen. Vor 50 Leuten oder der Familie zu singen, ist für mich Stress pur. 6.000 Leute – kein Problem! (lacht) Das entstresst mich. Je mehr, desto besser. Das wird eine Hammerstimmung!

Milica, du hast im Vorjahr bei „Der König und ich“ eine Hauptrolle gespielt. Wie hast du die Location erlebt?

Milica: Ich liebe die Natur so sehr, diese Bühne ist herrlich. Ich fand es so schön, dass immer ungefähr zur gleichen Uhrzeit ein Frosch gequakt hat (lacht). Die Menschen kommen, sehen, wie die Sonne untergeht, und erleben das Stück und ein Naturspektakel. Für viele ist das ein richtiges Happening: Sie kommen, essen und trinken vorher zusammen etwas und nach der Vorstellung sitzen sie noch einmal zusammen. Das ist wie ein Urlaubstag, den die Menschen in Mörbisch erleben. Sie kommen mit viel positiver Energie zu uns ins Theater, und das schwappt auch noch einmal zu uns Darstellenden hinüber.

Fast 30 Vorstellungen unter freiem Himmel, auch an heißen Sommer­tagen und in dieser gigantischen Dimension: Wie blickt ihr dem entgegen?

Milica: Ich gehe Tag für Tag. Ich denke nicht an den großen Lauf, der mir bevorsteht, sondern in kleinen Etappen.
Bettina: Mir geht es genauso. Und was die Hitze betrifft: Ich beklage mich nur, wenn es mir kalt ist, aber nie, wenn es heiß ist. Ich liebe die Hitze!

Ines: Warte lieber ab, Betti, ich glaube, am Neusiedler See wird es richtig heiß (lacht).

Restkarten und Infos:
www.seefestspiele-moerbisch.at

Energie pur. Milica Jovanović, Bettina Mönch und Ines Hengl-Pirker verkörpern in Mörbisch Rosie, Donna und Tanja alias „The Dynamos“.© Marco Sommer

Kurzbiografie

1 Milica Jovanović

… schloss ihr Musical-Studium an der Bayerischen Theaterakademie August Everding ab und studierte zudem an der Royal Academy of Music in London. Zu den größten Erfolgen gehören die Interpretation der Wini­fred Banks in „Mary Poppins“, der Eleonore in „Schikaneder“ und Christine Daaé in „Liebe stirbt nie“.

2 Bettina Mönch

… studierte am Konservatorium Wien und spielte wenig später die Ulla in der deutschsprachigen Erstaufführung von „The Producers“ am Ronacher Wien. Zu ihren Paraderollen gehört Eva Peron in „Evita“, zuletzt bei den Vereinigten Bühnen Wien. Sie ist regelmäßige Gastsolistin an der Wiener Volksoper, aktuell als Sally Bowles in „Cabaret“.

3 Ines Hengl-Pirker

… machte ihre Ausbildung an den Performing Arts Studios Vienna, tritt im ganzen deutschsprachigen Raum auf. Sie verkörperte u. a. Anita in „West Side Story“, Bombalurina in „Cats“, Sheila in „A Chorus Line“, Norma in „Viktor/Viktoria“. In Wien spielte sie am Raimund Theater, im Ro­nacher, im Kabarett Simpl, an der Volksoper.

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